Erwachsene Kinder und Harry Potter als Kinderporno?
Eine neue EU-Richtlinie soll Pornografie, Kunst und Pubertätskomödien verbieten. Die deutschsprachige Sexualwissenschaft schlägt Alarm.
Der Vorschlag der Europäischen Kommission für eine "Richtlinie zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornographie" sieht nicht nur (die breit diskutierten) Internetsperren vor sondern verpflichtet die 27 Mitgliedstaaten auch zur (bislang öffentlich noch gar nicht problematisierten) Kriminalisierung von Erotika mit Erwachsenen und von gängigen Spielfilmen. Verboten wird dabei nicht nur Pornografie sondern jede Darstellung sexueller Vorgänge. Es gibt keine Ausnahme für Kunst oder Wissenschaft. Verboten werden daher auch weltberühmte Spielfilme wie die „Blechtrommel“ oder übliche Pubertätskomödien wie "Eis am Stiel", ja sogar der neue Harry-Potter-Film. Strafbar wird auch der private Besitz solcher Filme, samt Anzeigeverpflichtung für jedermann. Diese absurden Maßnahmen gefährden die wirksame Verfolgung wirklicher Kinderpornographie, zu deren Bekämpfung den Behörden, immer weniger Ressourcen bleiben.
Die deutschsprachigen sexualwissenschaftlichen Gesellschaften schlagen jetzt mit einer gemeinsamen Erklärung Alarm. In dieser Erklärung, die an alle Abgeordneten des Europäischen Parlaments, an die Europäische Kommission und an den Ministerrat versandt wurde, appellieren die Deutsche Gesellschaft für Sexualforschung (DGfS), die Deutsche Gesellschaft für Geschlechtserziehung (DGG), die Deutsche Gesellschaft für Sexualmedizin und Sexualtherapie (DGSMT), die Deutsche Gesellschaft für Sozialwissenschaftliche Sexualforschung (DGSS), die Gesellschaft für Sexualwissenschaft (GSW) und die Österreichische Gesellschaft für Sexualforschung (ÖGS), nicht zuletzt gerade im Interesse einer wirksamen Bekämpfung der wirklichen Kinderpornogaphie, diese absurde Zensur, die sogar noch die äusserst repressive U.S.-amerikanische Gesetzgebung in den Schatten stellt, aus der Richtlinie zu streichen.