Europäischer Menschenrechtsgerichtshof: Österreich muss für Standesamtsverbot zahlen
Ab morgen werden die Standesämter geöffnet
Ab morgen, 1. April 2017, werden eingetragene Partnerschaften am Standesamt geschlossen, genauso wie Ehen. Die weltweit einzigartige Verbannung der gleichgeschlechtlichen Paare auf die Bezirksverwaltungsbehörden (Bezirkshauptmannschaften und Magistrate), die ansonsten für Gewerbebewilligungen, Führerscheine, Aufenthaltsbewilligungen, Kontrollkarten für Prostituierte und ähnlich unromantische Dinge zuständig sind, findet damit nach über sieben Jahre endlich ein Ende.
2015 hat der Europäische Menschenrechtsgerichtshof (EGMR) wegen dieser Segregation ein Verfahren gegen Österreich eingeleitet (http://www.rklambda.at/index.php/de/250-standesamtsverbot-egmr-leitet-verfahren-gegen-oesterreich-ein) und mit Entscheidung von gestern Österreich dazu verpflichtet, den Beschwerdeführern, die zu Recht gegen das Standesamtsverbot geklagt haben, Ersatzzahlungen zu leisten (Hörmann & Moser und Dietz & Suttasom v Austria 31176/13, 31185/13, dec. 30.03.2017). A
Auch wenn nun ab morgen die Standesämter auch für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet werden und homosexuelle Paare auch (wieder) einen Familiennnamen tragen dürfen (siehe dazu http://www.rklambda.at/index.php/de/153-13-11-2014-familienname-nachname-ep-rosa-winkel-des-namensrechts-wird-fall-fuer-strassburg), so bleibt ihnen die Ehe in Österreich - anders als in fast gesamten westlichen Welt - immer noch verboten. Ihre Partnerschaften werden daher im Ausland oft nicht anerkannt (und die Partner/innen gelten als Fremde), die Paare unterliegen wegen der getrennten Familienstände ("verheiratet", "geschieden", "Ehe aufgehoben oder für nichtig erklärt", "verwitwet", "in eingetragener Partnerschaft lebend", "eingetragene Partnerschaft aufgelöst oder für nichtig erklärt", "hinterbliebener eingetragener Partner", "ledig") einem permamenten Zwangsouting (wie beispielsweise bei der Arbeitssuche und der Wohnsitzanmeldung, vgl. https://www.help.gv.at/linkaufloesung/applikation-flow?leistung=LA-HP-GL-FormularMeldezettelPDF&quelle=HELP&flow=FO&formularlinkid=866) und ihre Kinder müssen zwangsweise unehelich sein (siehe dazu http://www.rklambda.at/index.php/de/294-verfassungsgerichtshof-prueft-eheverbot).
"Unsere Bürgerinitiative Ehe Gleich! ist mit über 50.000 Unterschriften eine der erfolgreichsten in der Geschichte der Republik und Drei Viertel der österreichischen Bevölkerung befürwortet die Ehegleichheit, eine Mehrheit in der Wählerschaft aller Parlamentsparteien ", sagt Dr. Helmut Graupner, Präsident des Rechtskomitees LAMBDA (RKL) und Vertreter der Beschwerdeführer in dem vom Grün-Alternativen Verein für Bürgerinitiativen mitunterstützten Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, "Wie lange soll es noch dauern bis auch die Politik im 21. Jahrhundert ankommt und endlich den Willen des Volkes umsetzt?".
Die Beschwerdeführer Walter DIETZ (re) & Boontwee SUTTASOM (li) (linkes Bild)
und Manfred HÖRMANN & Felix MOSER (rechtes Bild)
mit Rechtsanwalt Dr. Helmut GRAUPNER