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Homosexueller Polizist entlassen: Richterin sieht keine Diskriminierung

Homosexueller Polizist entlassen: Richterin sieht keine Diskriminierung

Richterin sieht "denkbar schwerste Pflichtverletzung" und verneint Diskriminierung

1976 wurde ein langgedienter und mehrfach belobigter Revierinspektor aus dem Polizeidienst entlassen, weil er nach dem berüchtigten homophoben Sonderstrafgesetz § 209 Strafgesetzbuch verurteilt worden war. Heute wird dem Polizisten seine Pension deshalb immer noch strafweise um ein Viertel gekürzt. Eine Richterin des Bundesverwaltungsgerichtes verweigert jetzt im Jahr 2016 Abhilfe, weil die damals für Heterosexuelle (und heute für alle) legalen Kontakte "eine der denkbar schwersten Pflichtverletzungen" darstellten und die Entlassung daher nicht diskriminierend gewesen sei. Das Rechtskomitee LAMBDA (RKL), Österreichs Bürgerrechtsorganisation für homo- und bisexuelle sowie transidente und intergeschlechtliche Menschen, zeigt sich schockiert und hofft auf die Höchstgerichte.

U.H. wurde vom Landesgericht für Strafsachen Wien ausschließlich auf Grund des homophoben Sonderstrafgesetzes (Sondermindestaltersgrenze von 18 Jahren für schwule Beziehungen gegenüber 14 Jahre für lesbische und heterosexuelle Kontakte)  zu 3 Monaten Kerker, verschärft durch 1 Fasttag monatlich, verurteilt. Das Oberlandesgericht Wien hat diese Verurteilung bestätigt.

Zu diesem Zeitpunkt war der damals 32jährige Mann bereits 13 Jahre lang verdienter und mehrfach belobigter Polizeibeamter im Rang eines Revierinspektors. Die Kontakte mit seinen mündigen Partnern fanden ausschließlich in seinem Privatleben statt.


„Abwegige Neigung“

Auf Grund der strafgerichtlichen Verurteilung wurde U.H. aus dem aktiven Polizeidienst entlassen. Die Disziplinarkommission bei der Bundespolizeidirektion Wien sprach wörtlich von einer „abwegigen Neigung“ und davon, dass der Mann „eine der denkbar schwersten Pflichtverletzungen“ (!) begangen habe. Es stehe außer Frage, „daß Homosexuelle in den Reihen der Sicherheitsexekutive für diese an sich schon eine arge Belastung darstellen“. „Ein Mann, dessen homosexuelle Neigungen schon bekannt sind, würde wohl kaum Aufnahme bei der Sicherheitswache finden!“ (Ausrufezeichen im Original).

Wäre der Polizist eine Frau oder sein Partner oder beide weiblichen Geschlechts gewesen, so wäre er nie angezeigt, nie angeklagt und nie verurteilt und auch nie disziplinär bestraft worden. Weil er aber ein Mann ist und seine Partner männlichen Geschlechts waren, wurde er als Sexualverbrecher verurteilt und aus dem aktiven Polizeidienst entlassen.

Die Disziplinarstrafe ist sogar nach wie vor aufrecht. Unter ihren Auswirkungen leidet U.H. bis heute. Er wurde nie wieder in den aktiven Polizeidienst aufgenommen und seine (auf Grund des frühen Ausscheidens ohnehin denkbar geringe) Pension wird nach wie vor um 25% reduziert; bis zu seinem Tod. 


VwGH wies schnöde Ablehnung zurück

Der Mann berief sich auf die Europäische Menschenrechtskonvention und auf die EU-Antidiskriminierungsrichtlinie (2000/78/EG) und beantragte bereits 2009 die Nachzahlung der Differenz zur regulären Pension und eine Entschädigung für die erlittene Diskriminierung.

Die BVA und im Berufungsweg der Finanzminister hatten 2010/2011 die Ansprüche des ehemaligen Polizisten rundweg abgelehnt. Dafür gäbe es keine Rechtsgrundlage. Dieser wandte sich an den Verwaltungsgerichtshof und bekam 2012 recht (VwGH 10.10.2012, 2011/12/0007, 0008). Der VwGH hat den Bescheid des Finanzministers wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Die BVA musste  über die Nachzahlung an Pension entscheiden. Das hat sie 2015 getan. Allerdings hat sie die reguläre Pension viel zu niedrig berechnet, weil sie dabei aus unerfindlichen Gründen einfach 26 Jahre (1976 bis 2002) unter den Tisch hat fallen lassen.


Richterin: Entlassung war keine Diskriminierung

Dagegen hat U.H. Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. Dort kam Richterin Mag. Angela Schidlof plötzlich auf die Idee, dass der Polizist überhaupt nicht diskriminiert worden sei. Die damaligen Handlungen, die damals für Heterosexuelle legal waren und heute für alle legal sind, würden "eine der denkbar schwersten Pflichtverletzungen" darstellen. Die Richterin verstieg sich sogar zu der Behauptung, dass  die Handlungen "bei jedem anderen Beamten zu denselben disziplinarrechtlichen Folgen geführt hätten". Eine Diskriminierung liege daher nicht vor, beschied sie, ohne die beantragte mündliche Verhandlung abzuhalten und ohne den Betroffenen jemals gesehen zu haben.

„Wir sind schockiert“, sagt der Präsident des RKL und Rechtsanwalt des Polizisten Dr. Helmut Graupner, "Selbstverständlich hätten entsprechende heterosexuelle Handlungen von heterosexuellen Kollegen nie zu deren Entlassung geführt, und die Disziplinarkommission hatte die Entlassung sogar ausdrücklich mit der 'abwegigen Neigung' Homosexualität begründet“. "Wir hoffen jetzt auf den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof, damit der mittlerweile 74jährige Polizist endlich Gerechtigkeit erfährt", schließt Graupner.