Totalversagen der österreichischen Polizei & Justiz
Ukrainischer Politiker schlägt schwules Paar zusammen
In einem Wiener Luxushotel wird ein gleichgeschlechtliches Ehepaar von einem ukrainischen Parlamentsabgeordneten und dessen Begleitern brutal zusammengeschlagen und verletzt. Polizei und Justiz ermitteln mit auffallender Unwilligkeit und äusserst schlampig, um über drei Jahre nach der Tat das Verfahren mangels Nachweisbarkeit des Tathergangs einzustellen.
Am Abend des 18. August 2018 war das schwule Ehepaar im Hotel Melia (DC Tower) essen als sie hörten, dass in Hörweite sitzende drei Männer über sie sprachen: „Schaut euch diese Schwuchteln an, solche gehören umgebracht“ und weitere homophobe Beleidigungen. Als einer der Eheleute den Kopf auf die schulter des anderen legte, sagte einer der drei, man solle ihm den Kopf abschlagen und zwischen die Beine legen“.
Nach Mitternacht begab sich das Ehepaar zum Aufzug, um in ihr Zimmer zu gehen. Die drei Männer folgten ihnen schnell. Einer sagte: „Schau euch die an, die fahren jetzt auf ihr Zimmer, um zu ficken“. Beim Betreten des Liftes sagte einer der Eheleute zu diesem Mann, dass er seinen Wortschatz korrigieren solle. Der Mann schlug ihm daraufhin mit der Faust ins Gesicht. Die drei Angreifer zerrten das Ehepaar aus dem Lift, schlugen auf sie ein und traten ihnen gegen die Beine. Bis sich das Ehepaar schließlich losreißen konnte. Die drei Täter fuhren mit dem Aufzug in ihre Zimmer.
Keine Aufnahme der Täterdaten
Die Eheleute waren erheblich verletzt und riefen die Polizei, die die Sache aufnahm und Verletzungen dokumentierte. Eine Hotelangestellte, die den Vorfall miterlebt hat, bestätigte die Angaben des Ehepaares. Mit den Tätern, die im selben Hotel wohnten, nahmen die Polizeibeamten keinen Kontakt auf. Sie stellten weder die Gästeblätter der Täter sicher noch die vom Hotel angefertigten Ausweiskopien.
Obwohl die Hotelangestellte mitteilte, dass eine Videoaufnahme existiert, haben die Polizeibeamten diese nicht sichergestellt oder sie zumindest angesehen sondern lediglich angekündigt, dass sie die Aufnahme per Email vom Hotel anfordern würden.
Täter beim Frühstück, Polizei tut nichts
Am nächsten Morgen riefen die Opfer neuerlich die Polizei, weil sie die drei Täter im Frühstücksraum seelenruhig gemeinsam an einem Tisch sitzend angetroffen haben. Während sich das Ehepaar mit den eintreffenden Polizeibeamten (andere als in der Nacht) unterhielt, kamen ihnen die drei Männer entgegen. Obwohl von den Opfern darauf aufmerksam gemacht, reagierten die Polizeibeamten nicht und verließen das Hotel. Weil die Sache ohnehin bereits in der Nacht aufgenommen worden sei.
Die Assistent Front Managerin hat dem Ehepaar dann noch gesagt, dass die Videoaufnahmen sichergestellt werden und die Namen der Täter bekannt sind.
Video der Tat verschlampt
In der Folge forderte die Polizei vom Hotel die Videoaufnahme der Tat an. Nach Übermittlung durch das Hotel, hat sie den Datenträger jedoch nicht sofort sondern erst nach geraumer Zeit gesichtet, um dann festzustellen, dass er leer war. Zu diesem Zeitpunkt war dann die Videoaufnahme im Hotel bereits gelöscht.
In ihrem Abschlussbericht vom Oktober 2018 gibt die Polizei an, dass „über die Hotelverwaltung“ nur einer der drei Täter, ein ukrainischer Parlamentsabgeordneter (Petro Poroschenko Block), ausgeforscht werden hätte können. Die Identität der beiden Mittäter war angeblich nicht klärbar. Warum blieb unbeantwortet. Einvernahmen, so die Polizei, hätten nicht durchgeführt werden können, da die Beschuldigten „bereits am nächsten Tag abgereist sind“.
Verbaler Hass nicht strafbar
Das Verfahren wegen der homophoben hasserfüllten Beschimpfungen stellt die Staatsanwaltschaft bereits im September 2019 ein, weil nach geltender Gesetzeslage verbale Hassdelikte die Strafjustiz nur dann zu interessieren haben, wenn mindestens drei unbeteiligte Personen diese gehört haben (§ 115, § 117 Absatz 3 Strafgesetzbuch).
Ausweiskopien vernichtet
Zum tätlichen Angriff wiederum hat die Staatsanwaltschaft alle Ermittlungsschritte zur Ausforschung der beiden unbekannten Mittäter nur auf hartnäckiges Betreiben der Opfer gesetzt. So beispielsweise die Beischaffung der Ausweiskopien der Hotelgäste der betreffenden Nacht. Da war es allerdings bereits Ende November 2019 und das Hotel teilte mit, dass es die Ausweiskopien der Hotelgäste vom August 2018 bereits vernichtet habe.
Die Opfer beantragten daraufhin, aus dem nach dem Meldegesetz zu führenden (und 7 Jahre lang aufzubewahrenden) Gästeverzeichnis die Hotelgäste der Tatnacht auszuforschen, Lichtbilder dieser Personen zu ermitteln und den Opfern sowie der Zeugin zur Identifikation vorzulegen.
Einsicht in Gästeverzeichnis verletzt Datenschutz der Gäste
Die Staatsanwaltschaft lehnte das ab und das Landesgericht für Strafsachen Wien sowie das Obrelandesgericht Wien bestätigten diese Entscheidung. Das betreffende Hotel verfüge über mehr als 250 Zimmer und die Überprüfung all dieser Gäste (auch nur der erwachsenen männlichen) bloß, um ein oder zwei Täter ausfindig zu machen, verletze das Recht der unschuldigen Gäste auf Datenschutz (OLG-Wien 29.06.2020, 22 Bs 138/20k). Auch wären die beantragten Ermittlungen sehr aufwändig und auch von daher unverhältnismäßig (ebendort).
All das obwohl das Meldegesetz bestimmt, dass das Gästeverzeichnis just auch für polizeiliche Ermittlungen zu führen ist (§ 10 Absatz 2).
Wieder erst auf Antrag der Opfer beauftragte die Staatsanwaltschaft die Einvernahme der Assistent Front Managerin, die dem Ehepaar am Morgen nach der Tat mitgeteilt hatte, dass die Namen der Täter bekannt sind. Plötzlich konnte das Hotel nun doch einen weiteren Täter identifizieren. Warum der dritte nach wie vor nicht beauskunftet werden konnte, bleibt bis heute ein Rätsel.
Die Staatsanwaltschaft hat im Rechtshilfeweg die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft um Vernehmung der beiden Beschuldigten ersucht und die Beschuldigten zur Fahndung ausgeschrieben. Allerdings: nur im Inland. Wieder erst auf Antrag der Opfer hat sie die Fahndung auf ganz Europa ausgedehnt.
Tat ohne Video nicht nachweisbar
Als die Einvernahme des Parlamentsabgeordneten (er verweigerte Angaben zur Sache) eintraf, wartete die Staatsanwaltschaft die Einvernahme des zweiten Beschuldigten erst gar nicht ab und stellte das Verfahren ein (StA Wien 10 St 304/19y). Der Tathergang sei nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachweisbar.
„Auf den Tag genau drei Jahre und vier Monate nach der Tat lässt die Staatsanwaltschaft die Beschuldigten aus ebenjenem Beweisnotstand laufen, den die von Schlamperei und auffallendem Desinteresse gekennzeichneten Ermittlungen verursacht haben, insbesondere durch die Verschlampung der Videoaufnahme der Tat“, kritisiert Dr. Helmut Graupner, Rechtsanwalt des Ehepaares und Präsident des Rechtskomitees LAMBDA (RKL).
Und er verweist darauf, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) Opfern von Hassdelikten das Recht auf eine wirksame, umfassende und erschöpfende Untersuchung und auf wirksame Strafverfolgung der Täter zukommt.