VP-Strasser & Töchterle: Noch keine ÖVP-Linie zur gleichgeschlechtlichen Ehe
VP-Familiensprecher für direkte Demokratie
Die ÖVP-Nationalratsabgeordneten Strasser und Töchterle haben letzten Donnerstag das Rechtskomitee LAMBDA (RKL), Österreichs LGBTI-Bürgerrechtsorganisaiton, zu einem ausführlichen Gedankenaustausch empfangen. In dem fast dreistündigen freundlichen und sehr konstruktiven Gespräch betonten die Abgeordneten ihre klare Position für Gleichbehandlung und gegen Diskrimiierung auf Grund sexueller Orientierung.
Der vormalige ÖVP-Wissenschaftsminister Dr. Karlheinz Töchterle ließ erkennen, dass er in diesen Fragen, zumal als Altphilologe, eine aufgeschlossene Haltung hat. Er werde aber jedenfalls entsprechend der Parteilinie abstimmen, weil LGBT-Rechte für ihn keine Gewissenfrage darstellen. Freilich werde er intern an der Findung dieser Parteilinie, insb. zur gleichgeschlechtlichen Ehe, mitwirken. Beide Abgeordnete unterstützten die Position von Parteiobmann Mitterlehner, die parteiinterne Diskussion unter Einbeziehung der Option der Zivilehe zu führen.
Zwangsunehelichkeit & Zwangsouting durch Eheverbot
VP-Familiensprecher DI Georg Strasser infomierte, dass er sich noch keine abschließende Meinung zur Aufhebung des Eheverbots gebildet habe. Er plädiere jedenfalls für gegenseitigen Respekt der Meinungen und betonte im Zusammenhang mit der irischen Volksabstimmung, dass er ein großer Befürworter der direkten Demokratie ist.
Für ihn sei bei der Frage der gleichgeschlechtlichen Ehe jedenfalls das Kindeswohl das ausschlaggebende Kriterium. Die RKL-Delegation hat darauf erwidert, dass gleigeschelchtliche Paare bereits absolut die gleichen Familiengründungsgrechte haben wie verschiedegeschlechtliche Paare. Die Frage sei nicht, ob Kinder mit gleichgeschlechtlichen Paaren aufwachsen sondern ob die Kinder gleichgeschlechtlicher Eltern - so wie Kinder verschiedengeschlechtlicher Eltern - das Recht haben, eheliche Kinder zu sein oder zwangsweise uneheliche Kinder sein müssen. Kinder gleichgeschlechtlicher Eltern sollten genauso von den Vorteilen einer Ehe ihrer Eltern profitieren können, wie beispielsweise UNICEF im Interesse des Kindeswohls fordert.
Strasser zeigte sich von diesem Argument sehr beeindruckt und berichtete, dass er selbst in Diskussionen regelmäßig dafür plädiere, zu bedenken, dass auch das eigene Kind oder Enkelkind homo- oder bisexuell sein und mit einem gleichgeschlechtlichen Partner nach Hause kommen und mit diesem eine Familie gründen könnte. Für Nachdenken sorgte bei den beiden Abgeordneten auch der Umstand, dass die Trennung in Zivilehe und EP oft zu Zwangsouting bei der Arbeitssuche führt, verlangen doch viele Arbeitgeber bei der Arbeitssuche die Angabe des Personenstandes ("verheiratet" versus "in eingetragener Partnerschaft").
Strasser: "Auch das eigene Kind oder Enkel könnte homosexuell sein"
Diskutiert wurde auch der im Bund (anders als auf Landesebene in 8 der 9 Bundesländer) nach wie vor fehlende gesetzliche Schutz gegen Diskriminierung auf Grund sexueller Orientierung außerhalb der Arbeitswelt (beispielsweise bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen). Strasser äusserte die Besorgnis, dass Klagen und Gerichtsverfahren Konflikte verschärfen und kontraproduktiv wirken. Die RKL-Delegation betonte, dass es genau aus ebendiesem Grund wünschenswert wäre, das nur im Behindertengleichstellungsgesetz vorgesehene zwingende Schlichtungsverfahren (vor Klagsführung) bei allen Diskriminierungsgründen zu etablieren, was bislang leider nicht erfolgt ist.
Beide Abgeordnete haben sich nachdrücklich für die Rehabilitierung der Opfer der früheren homophoben Strafgesetze ausgesprochen.
"Dieser äusserst angenehme, konstrukive und respektvolle Gesprächstermin gibt uns Hoffnung, dass sich in der ÖVP die vernünftigen und wirklich am Kindeswohl und den Familienwerten orientierten Kräfte durchsetzen werden", sagt RKL-Präsident Dr. Helmut Graupner, "Damit die ÖVP, wie die bürgerlichen Parteien beispielsweise in Schweden, Großbritannien und Irland, wieder den Anschluß an die Bevölkerung und die westliche Welt findet".