JusAmandi Header
RKL Logo

Wir sind diejenigen, die

homo- und bisexuelle Männerdie Stiefkindadoption erkämpft habendie gemeinsame Adoption vondie künstliche Befruchtung fürdie Ehe für Alle erkämpft habenden Scheidungs- und Operationszwangdas „Dritte Geschlecht“ erkämpft haben

aus dem Kriminal geholt habenvon Kindern erkämpft habenfür lesbische Paare erkämpft haben für Transpersonen beseitigt haben

Unterstütze Dich und Deine Rechte, oder werde Mitglied!

Wie in Russland und Ungarn - Verwaltungsgerichtshof verbietet die rechtliche Anerkennung von Transpersonen

Wie in Russland und Ungarn - Verwaltungsgerichtshof verbietet die rechtliche Anerkennung von Transpersonen

Das höchste Verwaltungsgericht Österreichs beraubt transsexuelle Menschen ihres seit Jahrzehnten europaweit anerkannten fundamentalen Menschenrechts auf Anerkennung in ihrem tatsächlich gelebten Geschlecht und setzt unser Land in eine Reihe mit Russland und Ungarn. Das Rechtskomitee LAMBDA (RKL) vertraut auf ein Machtwort des Verfassungsgerichtshofs.


Österreich ist Vertragspartei der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), die die Republik nicht nur völkerrechtlich bindet, sondern seit 1964 auch innerstaatlich Verfassungsrang genießt. Die Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) sind somit auch nach innerstaatlichem (Verfassungs)Recht verbindlich (Art. 46 EMRK). Diese, in Menschenrechtsfragen höchste und für alle europäische Staaten (mit Ausnahme von Russland, Weissrussland und dem Vatikan) zuständige Instanz, judiziert seit über drei Jahrzehnten, dass transidente Personen (deren gelebtes Geschlecht nicht mit ihrem biologischen, körperlichen Geschlecht übereinstimmt) das fundamentale Menschenrecht zukommt, zur Hintanhaltung von Bloßstellung und Zwangsouting Dokumente und Vornamen zu erhalten (B. v. France 1992, S.V. v I 2018), die ihrem tatsächlich gelebten Geschlecht entsprechen sowie im tatsächlich gelebten Geschlecht umfassend rechtlich anerkannt zu werden (Goodwin v. UK GC 2002, I v. UK GC 2002, X v FYROM 2019, YT v BG 2020, Rana v H 2020, A.D. et. al. v Georgia 2022, R.K. v H 2023; Semenya v CH 2023).

 

Nur mehr biologisches, körperliches Geschlecht

Nach dem vor wenigen Tagen zugestellten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 5. Dezember 2024 (Ro 2023/01/0008) soll das ab sofort nicht mehr gelten und sich das rechtliche Geschlecht ausschließlich nach dem biologischen, körperlichen Geschlecht bestimmen. Im Personenstandsregister sowie in Geburtsurkunden, Reisepässen, Personalausweisen und anderen Urkunden soll zwingend nur mehr das biologische, körperliche Geschlecht eingetragen werden dürfen. Bei Transfrauen also das männliche Geschlecht und bei Transmännern das weibliche Geschlecht. Eine permanente Bloßstellung und ständiges Zwangsouting für Transpersonen bei jeder Vorlage einer solchen Urkunde oder eines Ausweises. Österreich ist nach Russland, Ungarn und Bulgarien das vierte Land, das Transpersonen die rechtliche Anerkennung im tatsächlich gelebten Geschlecht wieder verbietet und damit die Europäische Menschenrechtskonvention schwer verletzt.

Zu dieser Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, der seit 1997 Vorreiter in der rechtlichen Anerkennung von Transpersonen in ihrem tatsächlich gelebten Geschlecht war (VwGH 30.09.1997, 95/01/0061), kam es im Fall einer biologisch, körperlich eindeutig männlichen Person mit nicht-binärer (also weder männlich noch weiblicher) Geschlechtsidentität, die das vom Verfassungsgerichtshof zuerkannte Recht auf einen weder männlichen noch weiblichen Geschlechtseintrag geltend gemacht hat. Das Verwaltungsgericht hat ihr - unter Berufung auf den Verfassungsgerichtshof - Recht gegeben. Dagegen hat der Wiener Bürgermeister Amtsrevision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.

Der Verfassungsgerichtshof hat 2018 ausgesprochen, dass Menschen „(nur) jene Geschlechtszuschreibungen durch staatliche Regelung akzeptieren müssen, die ihrer Geschlechtsidentität entsprechen" und "Art. 8 EMRK … insbesondere Menschen mit alternativer Geschlechtsidentität vor einer fremdbestimmten Geschlechtszuweisung (schützt)" und daher auch nicht männlich oder weibliche Geschlechtsidentitäten als solche zu beurkunden oder der Geschlechtseintrag auf Antrag zu streichen ist (VfGH 15.06.2018, G 77/2018 Rz 18, 42). Seither gibt es im Personenstandsregister und in Urkunden und Ausweisen, neben männlich und weiblich, eine dritte Geschlechtsoption.

Obwohl der Verfassungsgerichtshof stets von Geschlechtsidentität spricht, haben die Innenminister Kickl und Nehammer in Erlässen diese vom Verfassungsgerichtshof gebotene dritte Geschlechtsoption auf körperlich intergeschlechtliche Menschen beschränkt, also auf Personen, die körperlich nicht eindeutig männlich oder weiblich sind. Sie gründeten diese Anordnung auf eine (für die damalige Entscheidung nicht relevante) Nebenbemerkung in einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs aus 2018 (VwGH 14.12.2018, Ro 2018/01/0015 Rn 25). Der Verwaltungsgerichtshof hat die Vorgangsweise der Innenminister bei der dritten Geschlechtsoption (trotz der wiederholten Betonung der Geschlechtsidentität durch den Verfassungsgerichtshof) nun erwartungsgemäß bestätigt und das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien aufgehoben (VwGH 05.12.2024, Ro 2023/01/0008 Rz 45, 46).

Rückkehr zu Bloßstellung und Zwangsouting

Damit hat sich der Verwaltungsgerichtshof jedoch nicht (mehr) begnügt. In einer zusätzlichen (für die Entscheidung der konkreten Sache gar nicht erforderlich gewesenen) Anmerkung spricht der Verwaltungsgerichtshof aus, dass es für die Eintragung des Geschlechts grundsätzlich auf das biologische, körperliche Geschlecht ankommt" und er, "mangels ausdrücklicher Regelung (der Transsexualität) durch den Gesetzgeber" seine bisherige "- auf die psychische Komponente des Geschlechtszugehörigkeitsempfindens abstellende - Judikatur" nicht mehr aufrechterhalte (VwGH 05.12.2024, Ro 2023/01/0008 Rz 50).

"Wir vertrauen darauf, dass der Verfassungsgerichtshof ein Machtwort sprechen, diese schwere Menschenrechtsverletzung beenden, Österreich wieder in die Gemeinschaft der menschenrechtskonformen Länder zurückführen und sein bahnbrechenes Erkenntnis aus 2018 bestätigen wird", sagt Dr. Helmut Graupner, Präsident des Rechtskomitees LAMBDA (RKL) und Rechtsanwalt in den genannten Verfahren des Verwaltungsgerichthsofs und des Verfassungsgerichtshofs, "bis dahin werden Transpersonen jedoch leider wieder Bloßstellung und Zwangsouting ausgesetzt sein".