In zwei gestern bekannt gegebenen Urteilen hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Österreich wegen der jahrelangen strafrechtlichen Verfolgung homo- und bisexueller Männer verurteilt. Das bis vor kurzem in § 209 Strafgesetzbuch festgelegte Mindestalter von 18 Jahren für schwule Beziehungen verletzt fundamentale Menschenrechte, erkannten die Straßburger Richter einstimmig. Der Menschenrechtsgerichtshof hat damit den Beschwerden zweier nach dem antihomosexuellen Sonderstrafgesetz § 209 StGB zu Bewährungsstrafen verurteilter Männer und der Beschwerde eines 17jährigen Jugendlichen stattgegeben, der sein Recht auf sexuelle Selbstbestimmung geltend gemacht hat.
Gemeinsame Pressekonferenz der 'Plattform gegen § 209' und Amnesty International.
Kärntner Oralsex-Urteil: Landesgericht Klagenfurt beharrt auf Strafbarkeit von staatlich propagiertem Safer Sex. Rechtskomitee LAMBDA: "Nun ist das Oberlandesgericht Graz am Wort". Das Landesgericht Klagenfurt beharrt nach wie vor auf seiner Ansicht, dass sich strafbar macht, wer die Hiv-Safer-Sex Regeln befolgt und Oralverkehr ohne Kondom (jedoch ohne Ejakulation in den Mund) hat. Widerspruch zur Judikatur des Obersten Gerichtshofs.
Die beiden RKL-Kuratoriumsmitglieder Dr. Caspar Einem und Mag. Terezija Stoisits haben im Februar parlamentarische Anfragen an den Justizminister gerichtet. Die beiden Abgeordneten wollen nicht nur wissen, warum Opfer des § 209 nicht begnadigt werden und keine Entschädigung erhalten sondern auch wie die Vollzugspraxis der § 209-Ersatzbestimmung, § 207b StGB, aussieht. Der Justizminister muß bis April antworten.
Bild: Mag. Terezija Stoisits / Dr. Caspar Einem
Wiener Prostitutionsgesetz-Novelle 2003: Rechtskomitee LAMBDA begrüßt Rücknahme der Repressionspläne. "Stadträtin Brauner zeigte persönliche Größe". Mit großer Freude hat die homosexuelle Bürgerrechtsorganisation Rechtskomitee LAMBDA (RKL) die gestrige Ankündigung der Wiener Stadträtin Mag.a Renate Braner aufgenommen, wonach der ursprüngliche Plan fallen gelassen wurde, im Zuge der Prostitutionsgesetznovelle 2003 sogar die Freier von illegal arbeitenden Prostitutierten zu kriminalisieren.
Gleichgeschlechtliche Partnerschaften: Graupner: "Wir freuen uns auf weitere gute Zusammenarbeit". Als historischen Moment begrüßt die Homosexuellen-Bürgerrechtsorganisation Rechtskomitee LAMBDA (RKL) die heute im Wiener Landtag beschlossene ausdrückliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften im Bereich der Wiener Landes- und Gemeindebediensteten.
Das Oberlandesgericht Innsbruck hatte nach Aufhebung des § 209 StGB bereits rechtskräftig verhängte Strafen wegen der Streichung des Gesetzes nachträglich gemildert (gem. § 31a StGB). Der Oberste Gerichtshof hat über Beschwerde der Generalprokuratur diese Praxis des Oberlandesgerichtes Innsbrucks am 19. Februar 2003 für rechtswidrig erklärt (OGH 19.02.2003, 13 Os 3/03).
§ 209-Ersatz wird nur gegen Schwule angewendet. Plattform gegen § 209 fordert sofortige Aufhebung. Wie Justizminister Böhmdorfer auf eine parlamentarische Anfrage des SP-Abgeordneten Dr. Caspar Einem, mitteilt, wird die im Sommer des Vorjahres, gegen massive Kritik, als Ersatz für den Homosexuellenparagraphen 209 des Strafgesetzbuches eingeführte Ersatzbestimmung, § 207b StGB, ausschließlich gegen homosexuelle Männer angewendet. 2002 gab es nach dem neuen (vom Wortlaut her geschlechtsneutralen) Gesetz keinen einzigen heterosexuellen und keinen einzigen lesbischen Fall vor Gericht.
In Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der grünen Justizsprecherin Mag. Terezija Stoisits rechtfertigt Justizminister Dr. Dieter Böhmdorfer seine Weigerung, Opfer des anti-homosexuellen Sonderstrafgesetzes § 209 dem Bundespräsidenten zur Begnadigung vorzuschlagen. Der Minister bestätigt in der Anfrage, dass er keinem einzigem Opfer des § 209 die vollständige Begnadigung ermöglicht hat. Lediglich ein einziges Opfer, den Verurteilten im berüchtigten Liebesbrief-Fall, hat er dem Bundespräsidenten zur teilweisen Begnadigung vorgeschlagen, sodaß er nicht ins Gefängnis musste. Die Vorstrafe wurde aber nicht getilgt und bleibt bis zum Jahre 2013 im Strafregister vorgemerkt.
Bild: Justizminister Dr. Dieter Böhmdorfer
Plattform gegen § 209: "Gefährliches Schutzdefizit". Wie soeben bekannt wurde, hat der zuständige Dreirichterausschuss des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte neuerlich die Behandlung von Beschwerden von Homosexuellen abgelehnt, die sich über eine Verletzung seiner Grundrechte durch die Republik Österreich beschwert hat.News-PA-030528a.pdf