Drei Monate bedingt damit rechtskräftig - Amnesty International spricht von "archaischer Legaldiskriminierung". Das Oberlandesgericht (OLG) Wien hat ein Urteil nach dem Homosexuellen-Paragraf bestätigt. Das OLG konnte der Diversion "nichts abgewinnen", wie die Vorsitzende des Dreier-Senats, Richterin Ingrid Jelinek, formulierte. Der 38-Jährige habe "über zweieinhalb Jahre" mit insgesamt vier Jugendlichen verkehrt, worin das Gericht "schwere Schuld" zu erkennen glaubte. Die Grün-Politikerin Ulrike Lunacek meinte: "Ein Skandal, dass nach Aufhebung des Paragrafen 209 noch ein Urteil bestätigt wird." Sie verlangte, Justizminister Dieter Böhmdörfer (F) möge jetzt Bundespräsident Thomas Klestil vorschlagen, sämtliche nach dieser Bestimmung verurteilten Männer zu begnadigen und finanziell zu entschädigen: "Böhmdorfer muss handeln."
In ihrem fünfseitigen Antwortschreiben auf den offenen Brief des Rechtskomitees LAMBDA hält wie Wiener Stadträtin Mag. Renate Brauner daran fest, im Wiener Prostitutionsgesetz künftig Strafen für die Kunden illegaler Prostituierter vorzusehen. Brauner unterstreicht ihre Ansicht, daß "Prostitution kein Gewerbe wie jedes andere" sei und "daß es in der Regel von Frauen ausgeübt wird, die unter Zwang ..., durch Drogenkankheit, Täuschungen und Drohungen dazu gebracht werden". Hinsichtlich der Besonderheiten der homosexuellen Prostitution verweist Brauner darauf, daß es "eine Sonderregelung für eine Gruppe" nicht geben werde. Bisher sei ihr Projekt der Freierpönalisierung "am Widerstand der ÖVP" gescheitert. Nach der Gemeinderatswahl 2001 könne sie das Projekt aber nun angehen, wobei die Arbeiten hiefür nach der Nationalratswahl im Jänner 2003 wieder aufgenommen werden.
Anerkennung der gleichgeschlechtlichen Lebensgefährtin als Stiefmutter bleibt jedoch. In einer soeben bekannt gewordenen Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass eine gemeinsame Obsorge der Mutter eines Kindes und ihrer Lebensgefährtin nicht möglich sei. Der Anerkennung der gleichgeschlechtlichen Lebensgefährtin als Stief- und Pflegemutter des mit ihnen lebenden Kindes ist das Höchstgericht allerdings ausdrücklich nicht entgegengetreten.
Gleichgeschlechtliche Partnerschaften: Graupner: "Wir freuen uns auf weitere gute Zusammenarbeit". Als historischen Schritt begrüßt die Homosexuellen-Bürgerrechtsorganisation Rechtskomitee LAMBDA (RKL) das heute von der SPÖ-Wien vorgestellte Wiener Gleichstellungspaket für gleichgeschlechtliche PartnerInnen.
Plattform gegen § 209 kritisiert zweierlei Recht. Nachdem sich das Oberlandesgericht Wien im September trotz Aufhebung des § 209 StGB geweigert hat, die über einen homosexuellen Mann verhängte Freiheitsstrafe nachträglich mildern, hat das Oberlandesgericht Innsbruck nun ausdrücklich gegenteilig entschieden. Der im nun entschiedenen Verfahren betroffene Mann wurde 2001 wegen 25 Sexualstraftaten zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 36 Monaten verurteilt. 16 dieser 25 Delikte waren solche nach § 209.
Helmut Graupner Vertreter Österreichs. Wie soeben bekannt wurde hat die Europäische Kommission vor einigen Tagen eine europaweite ExpertInnengruppe zur Bekämpfung von Diskriminierung auf Grund sexueller Orientierung eingesetzt. Der Auftrag zur Koordinierung dieser Gruppe erging an die Universität Leiden in den Niederlanden. Die Hauptaufgabe der Gruppe wird es sein, die EU-Kommission im Kampf gegen Diskriminierung von homo- und bisexuellen Menschen umfassend zu beraten und sie dabei vor allem über die Umsetzung der Anti-Diskriminierungs-Richtlinie 2000/78/EG in den Mitgliedstaaten zu informieren. Zu diesem Zweck wird die ExpertInnengruppe u.a. jährlich einen rechtsvergleichenden Bericht erarbeiten.
Nach der Sicherheitsdirektion Wien hat nun auch die Sicherheitsdirektion Oberösterreich die erkennungsdienstlichen Daten eines § 209-Opfers gelöscht. Der Mann war im Frühjahr 2001 durch das Landesgericht Wels ausschließlich wegen Versuchs nach § 209 zu drei Monaten bedingter Haft verurteilt worden. Das Oberlandesgericht Linz hatte das Urteil bestätigt und dabei bedauert, daß es die Strafe, mangels Berufung auch des Staatsanwalts, nicht erhöhen konnte.
Plattform gegen § 209 begrüßt Entscheidung des Landesgerichtes Innsbruck. Nach einer Reihe gegenteiliger Entscheidungen hat nun erstmals ein österreichisches Strafgericht eine nach dem anti-homosexuellen Sonderstrafgesetz § 209 StGB verhängte Strafe wegen dessen Aufhebung gemildert. Der betroffene Mann wurde im Dezember 2001 vom Landesgericht Innsbruck ausschließlich auf Grund des § 209 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt.
Wegen ihres Vorstoßes zur Bestrafung der Kunden "illegaler" Prostituierter hat das Rechtskomitee LAMBDA in einem offenen Brief an die Wiener Stadträtin Renate Brauner klar Position bezogen. Die vorgeschlagene Maßnahme würde die homosexuelle Prostitution nahezu vollständig rekriminalisieren und birgt die Gefahr regelmäßiger Polizeirazzien in den Szenelokalen wie zuletzt in der Verbotszeit vor 1971.
Das Innenministerium hat kürzlich dem Antrag eines Mannes auf Löschung seiner erkennungsdienstlichen Daten stattgegeben, der von Polizeibeamten beim Sex in einer öffentlichen WC-Anlage betreten worden ist. Im Jänner nahm der Mann in der WC-Anlage der Wiener U-Bahnstation Vorgartenstraße im Bereich des Pissoirs mit einem anderen Mann sexuelle Handlungen vor, als plötzlich eine Polizeibeamtin in Zivil eintrat und die beiden Männer und andere dort befindliche Paare zum Verlassen der Anlage aufforderte.