Plattform gegen § 209 zeigt sich erfreut. Justizministerin Mag. Karin Gastinger hat in ihrer jüngsten Anfragebeantwortung zu § 207b StGB, der 2002 eingeführten Ersatzbestimmung für das anti-homosexuelle Sonderstrafgesetz § 209 StGB, bekräftigt, dass Jugendliche ab dem 14. Lebensjahr die freie selbstbestimmte Wahl ihrer SexualpartnerInnen haben. Aus den früheren Anfragebeantwortungen Gastingers und ihres Vorgängers Böhmdorfer zu § 207b ging hervor, dass Gerichtsverfahren immer wieder eingeleitet werden, ohne dass ein Anfangsverdacht auf eine verbotene Beziehung, also auf Erfüllung der Tatbestandsmerkmale des § 207b StGB, vorliegt. Immer wieder reichten Staatsanwaltschaften sexuelle Kontakte mit 14- bis 18jährigen alleine (ohne weitere Umstände) bereits zur Einleitung gerichtlicher Untersuchungen, ob vielleicht einer der Fälle des § 207b erfüllt sein könnte. Geradezu so, als würde man wegen jeden sexuellen Kontaktes gerichtliche Untersuchungen einleiten, ob nicht vielleicht eine Vergewaltigung vorliegt.
Das Rechtskomitee LAMBDA lehnt das heute von Justizministerin Mag. Karin Gastinger präsentierte Modell für eine „Homoehe-light“ ab und erneuert seine Forderung nach Gleichberechtigung homosexueller Paare. Es ist zwar sehr positiv, wenn die Palette der familienrechtlichen Institute erweitert wird und damit Paare aus mehr Alternativen auswählen können. Die Schaffung einer Ehe zweiter Klasse ändert aber nichts an der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare. Während Homosexuelle derzeit eine (formlose Lebensgemeinschaft) und Heterosexuelle zwei Wahlmöglichkeiten haben (formlose Lebensgemeinschaft – Ehe), werden ihnen nach dem jetzt angekündigten Modell des BZÖ zwei (formlose Lebensgemeinschaft – „Homoehe-light“), Heterosexuellen dann aber drei (formlose Lebensgemeinschaft – „Homoehe-light“ – Ehe) offen stehen. Die Wahlfreiheit steigt, die Ungleichheit aber bleibt.
Das Rechtskomitee LAMBDA zeigt sich bestürzt über die vom Standard in seiner Wochenendausgabe wiedergegebenen Aussagen der Zweiten Nationalratspräsidenten und SPÖ-Frauenvorsitzenden, Dr. Barbara Prammer, und der grünen Nationalratsabgeordneten Mag. Ulrike Lunacek. Wie die Tageszeitung berichtet, hätten die beiden Politikerinnen erklärt, die Gleichstellung homosexueller Partnerschaften sei für ihre Parteien keine Bedingung für eine Koalition mit der ÖVP.
News-Prammer-Lunacek-PA-050912.pdf
Reaktionen von Rot und Grün
Was bringen sie für LesBiSchwule und TransGender-BürgerInnen? Seit geraumer Zeit sind nun sowohl im Bund als auch in Wien, zT in Umsetzung europarechtlicher Vorgaben, Antidiskriminierungs- bzw. Gleichbehandlungsgesetze in Kraft, die auch gegen Diskriminierung auf Grund sexueller Orientierung schützen. Da die neuen Gesetze und die auf Ihrer Grundlage eingerichteten Institutionen in der Bevölkerung noch weitgehend unbekannt sind, haben sich das Rechtskomitee LAMBDA und die Wiener Antidiskriminierungsstelle für gleichgeschlechtliche Lebensweisen zu einer Informationsveranstaltung entschlossen, die der Vorstellung der neuen Schutzbestimmungen ebenso dienen soll wie dem Kennenlernen und dem Gedankenaustausch zwischen den Vollzugsorganen und den potentiellen Diskriminierungsopfern.
Veranstaltung am 1.September 2005, 19 Uhr, Rathaus Wien - Details in der Ankündigung
Die Gleichgültigkeit der Weltöffentlichkeit ist ein noch grösserer Skandal als die Hinrichtung der Jugendlichen selbst. Ende Juli erschütterte eine Meldung die LesBiSchwule Welt: am 19. Juli wurden, mit Billigung des Obersten Gerichtshofes, im Iran zwei junge Männer gehängt, weil sie homosexuelle Kontakte hatten. Die Bilder der Hinrichtung gingen um die Welt, bewegt haben sie freilich nur die Homo- und Bisexuellen selbst. Die Hetero-Welt interessiert es nicht die Bohne. Die grösste deutsche Tageszeitung hat den Staatsmord sogar höhnisch begrüsst.
News-Iran-050816.pdf
Erschütternde Zahlen aus dem Innenministerium. Aufruf an alle nach den Sondergesetzen Vorbestraften: Plattform gegen § 209 finanziert Klagen. Wie aus der jüngsten Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage durch Innenministerin Liese Prokop hervorgeht, sind im österreichweiten (Vor)Straf(en)register immer noch 1.434 (!) Männer und Frauen vorgemerkt, die nach den anti-homosexuellen Sonderstrafgesetzen verurteilt worden sind. Während nach dem erst jüngst (2002) aufgehobenen § 209 Strafgesetzbuch 476 Verurteilte als vorbestraft registriert sind, werden nach dem bereits 1971 beseitigten Totalverbot homosexueller Kontakte (§ 129 I b Strafgesetz 1852) gar immer noch 558 Männer und Frauen vorgemerkt.
Bild: Bundesministerin für Inneres, Liese Prokop (ÖVP)
News-Anfrage-BMI-050608-Polizeidaten-PA.pdf
Anfrage
Beantwortung der Anfrage
Angesichts der jüngsten Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte hat die SPÖ zwei umfangreiche parlamentarische Anfragen an die Justizministerin und eine an die Innenministerin gerichtet. Die sozialdemokratischen Abgeordneten wollen nicht nur wissen, warum Opfer des § 209 nicht begnadigt werden, die § 209-Urteile nicht aufgehoben und keine Entschädigungen geleistet werden, sondern auch wie viele § 209-Urteile noch im Strafregister österreichweit vorgemerkt sind, bei wie vielen § 209-Urteilen noch Probezeiten offen sind und warum die § 209-Polizeiakten nicht vernichtet werden. Gefragt wird auch wie die Vollzugspraxis der § 209-Ersatzbestimmung, § 207b StGB, im 2. Halbjahr 2004 ausgesehen hat. Die Ministerinnen müssen bis Anfang August antworten.
Bild: Abg.z.NR, Mag. Gisela Wurm (SPÖ)
Anfrage 1 (JM)
Anfrage 2 (JM)
„Reifetest für die Republik“. Ab heute berät der Verfassungsgerichtshof zwei Fälle aus der kürzlich gestarteten Klagsoffensive des Rechtskomitees LAMBDA (RKL) zur Beendigung der Diskriminierung homosexueller Partnerschaften. Angesichts der anhaltenden Untätigkeit des Gesetzgebers hat sich das RKL entschlossen, den Gerichtsweg zu beschreiten und eine Reihe von Klagen gegen die Republik zu unterstützen. Mit der Klagsoffensive werden die exorbitant hohen Erbschafts- und Schenkungssteuersätze für gleichgeschlechtliche Lebenspartner ebenso bekämpft wie der Ausschluss von der Mitversicherung in der Krankenversicherung und von den Hinterbliebenenpensionen sowie das Adoptionsverbot und die Nichtanerkennung von im (EU-) Ausland geschlossenen gleichgeschlechtlichen Ehen. Ab heute berät der VfGH nun die ersten Fälle: den Mitversicherungs- und den Adoptionsfall.
News-VfGH-Klagsoffensive-050606.pdf
Wieder Schlag für die Bundesregierung. Plattform gegen § 209: „Jetzt muss es endlich auch die Bundesregierung verstanden haben“. Wie soeben bekannt wurde, hat hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gestern in einem sensationellen Urteil (H.G. & G.B. gg. Österreich) Österreich neuerlich wegen der jahrelangen Homosexuellenverfolgung auf Grund des antihomosexuellen Sonderstrafgesetzes § 209 Strafgesetzbuch verurteilt und zwei Opfern des § 209 eine Rekordentschädigungssumme zugesprochen: EUR 106.532,27. Die beiden Beschwerdeführer wurden auf Grund des § 209 zu Freiheitsstrafen verurteilt. G.B. 2000 vom Landesgericht Wels zu drei Monaten bedingter Haft; H.G. 2001 vom Landesgericht Innsbruck zu 1 ½ Jahren unbedingter Haft, von der er ein Jahr auch verbüssen musste.
News-209-Rekordentschaedigung-PA-050603.pdf
Rechtskomitee LAMBDA: „Man nimmt uns aus und hält uns rechtlos“. Scharf zurückgewiesen hat das Rechtskomitee LAMBDA (RKL), Österreichs Bürgerrechtsorganisation für homo- und bisexuelle Frauen und Männer, die heutigen Versuche der ÖVP-Justizsprecherin Dr. Maria Fekter, die anhaltende Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Familien zu rechtfertigen. Es ist lächerlich und eine Verhöhnung denkender Menschen, wenn die ÖVP uns weismachen will, dass sie die Aufhebung der von ihr bereits vor einem ¾ Jahr ganz konkret aufgelisteten diskriminierenden Bestimmungen nicht in Gesetzesform zu giessen vermag. Bereits seit Jahren liegt ein vom Rechtskomitee LAMBDA ausformulierter Gesetzentwurf zur Gleichstellung homo- und heterosexueller Lebensgemeinschaften auf dem Tisch. Was fehlt, ist der politische Wille.
News-OVP-Wegelagerer-050526.pdf